00:00:00: Ein wenig Seegang ist immer, was für die Schifffahrt gilt, macht auch vor den Aktiemärkten
00:00:05: nicht Halt.
00:00:06: Überraschend stark war der Dachs auf Werte jenseits der 18.000 Punkte gestiegen, musste
00:00:11: jüngst aber wieder deutlich Federn lassen.
00:00:13: Aber wie es eben an den Märkten so ist, folgt nach einem Tal auch wieder ein kleiner Anstieg.
00:00:19: Und so notiert der Dachs wieder nahe der scheinbar magischen 18.000-Punkte-Marke.
00:00:24: Wie immer spielt ein wenig die Psychologie mit, aber auch positive Daten aus verschiedenen
00:00:30: Branchen.
00:00:31: Die Finanzprofis beobachten mit Argusaugen die Zahlen der lange kursttreibenden Tech-Aktien
00:00:36: und dennoch im Zentrum stehen weiterhin die Zinsen und die Inflation.
00:00:40: Insbesondere in den USA werden Töne laut, dass es nun doch heißen könnte, "Higher
00:00:45: for longer".
00:00:46: Woher kommt der Auftrieb im Dachs, welche Rolle spielt die Psychologie dabei und welche
00:00:51: Auswirkungen haben die Zinssenkungen auf andere Investitions- und Wirtschaftsbereiche?
00:00:55: Wir sprechen drüber in dieser Folge "Micro trifft Makro".
00:00:59: Hallo und herzlich willkommen zur 95. Folge "Micro trifft Makro".
00:01:14: Heute ist Donnerstag der 25. April 2024 und bei mir ist der Cheffolkswirt der Däkerbank
00:01:20: Dr. Ulrich Kater.
00:01:21: Hallo und guten Abend kann ich fast sagen heute.
00:01:24: Ja, hallo.
00:01:25: Genau, wir nehmen mich ein bisschen später auf als sonst erst am Nachmittag.
00:01:29: Das ist aber auch ganz gut.
00:01:30: Da hatten wir noch so ein paar Zahlen vielleicht mitgenommen, die heute am Tag erschienen
00:01:34: sind.
00:01:35: Herr Kater, bevor wir auf andere Tiere schauen, damit meine ich natürlich nicht den Kater,
00:01:39: sondern den Elefant im Porzellanladen vielleicht, aber in dem Fall ist es tatsächlich der Dachs.
00:01:43: Denn der hat ja so ein bisschen Federn gelassen von diesem Allzeit hoch, dass er hier vor
00:01:48: ein paar Wochen erreicht hat.
00:01:49: Der ist auf fast 17.700 Punkte runtergerauscht, kann man fast sagen.
00:01:54: Also etwa 750 Punkte waren das.
00:01:57: Das war ja schon eine ordentliche Konsolidierung, die wir da gesehen haben.
00:02:00: Und Sie hatten das glaube ich auch bereits mal erwähnt, dass es so eine Konsolidierung
00:02:04: geben könnte demnächst.
00:02:05: War es das dann oder haben wir noch weiteres negatives Überraschungspotenzial?
00:02:09: Ja, wirklich schönes Bild von dem Dachs der Emporzellanladen-Federn-Nest.
00:02:16: Aber nee, es könnte es wirklich schon gewesen sein.
00:02:20: Also die Konsolidierung ist sicherlich nicht vorbei, das wird noch eine Weile dauern, aber
00:02:25: ob es noch mal weiter, viel weiter runter geht, das kann man wirklich in Frage stellen.
00:02:30: Denn also die Enttäuschung beispielsweise über die Zentralbanken ist jetzt langsam
00:02:34: durch.
00:02:35: Die Zinsschritte werden immer weiter nach hinten verschoben.
00:02:38: Jetzt ist schon die Frage, ob die Fett überhaupt was macht in diesem Jahr, ist die Diskussion
00:02:42: am Markt.
00:02:43: Also das ist in den Kursen mehr oder weniger drin.
00:02:46: Die Kurse, die Aktienmärkte können wohl damit leben, dass die Zinsen nicht sinken, solange
00:02:50: die Konjunktur hält.
00:02:51: Die Berichtssaison von den Unternehmen ist gut, gut angelaufen, die ist ja noch mittendrin.
00:02:58: Also 80% der US-Unternehmen haben bis jetzt positive überrascht.
00:03:02: In Europa ein bisschen weniger, das ist aber auch normal.
00:03:06: Hier haben wir gut 50% übertroffene Gewinnschätzungen.
00:03:12: Ja und die Konjunktur läuft wieder an.
00:03:14: Wir haben gestern Evo gehabt, Einkaufsmanagerinitie.
00:03:18: Die Stimmung verbessert sich zwar in Trippelschritten muss man sagen, also das ist ja alles andere
00:03:23: als richtig dynamisch, aber halt stetig.
00:03:25: Und deswegen ist eigentlich das, was jetzt technisch notwendig ist im Gang, dass wir
00:03:31: uns mal konsolidieren.
00:03:33: Viele Kurse, auch einzelne Unternehmen sind ja wirklich weit gelaufen, die müssen auch
00:03:37: mal wieder runter kommen.
00:03:38: Aber ob das jetzt nochmal wieder ohne äußeren Anlass dann nochmal jetzt 10% runter geht,
00:03:45: ich wachs zu bezweifeln.
00:03:46: Mittlerweile ging es ja auch wieder ein bisschen bergauf.
00:03:49: Man hat schon wieder die 18.000er-Marke gesehen, diese nahezu magische Grenze von 18.000, so
00:03:55: ein Runderwert, den wir da irgendwie immer wieder streifen und der irgendwie ganz wichtig
00:03:59: ist im Moment.
00:04:00: Und da habe ich mich so gefragt, wie viel Psychologie steckt denn eigentlich dahinter?
00:04:03: Sie sagen ja immer Wirtschaft ist ganz viel, Psychologie, Börse vielleicht sogar noch
00:04:07: ein bisschen mehr.
00:04:08: Und mir kommt es immer so ein bisschen vor, als handeln da viele auch nach dem FOMO-Prinzip,
00:04:12: also 4 auf Missing Out.
00:04:14: Ich habe Angst irgendwas zu verpassen, der DAX ist jetzt ziemlich weit runter, da gehe
00:04:17: ich jetzt erstmal wieder rein und das zieht dann wieder alles nach oben.
00:04:20: Ist es auch so ein bisschen so ein Mechanismus, den wir aktuell sehen?
00:04:23: Ja, mal ist es FOMO, mal ist es Tina.
00:04:26: Es ist natürlich sehr viel Psychologie in der Börse, wie in allen sozialen Interaktionen
00:04:33: dabei.
00:04:34: Und das ist ja auch ein Grund, warum dieses kurzfristige Marktiming, also wie weit geht's
00:04:40: jetzt noch runter, wo steht der DAX am Monatsende, sondern weil in Mai tatsächlich alle verkaufen.
00:04:46: Also diese kurzfristigen Einschätzungen, die sind am Ende doch nicht so weit entfernt
00:04:52: von Kaffeesatzleserei.
00:04:53: Ich will das nicht diskreditieren, dass man sich Gedanken macht natürlich, in welchem
00:04:58: Zustand ist da marktlich Willen, damit nur zum Ausdruck bringen, dass diese kurzfristige
00:05:03: Optimierung auch von Einstiegszeitpunkten, also für den normalen privaten Haushalt,
00:05:10: den langfristig orientierten Anleger, bringt das nichts.
00:05:14: Also wer damit anfängt mit dieser Optimiererei, der kauft auch nicht, wenn es jetzt nochmal
00:05:20: 10 Prozent runtergeht, weil dann könnte es ja noch ein bisschen mehr werden und auf diese
00:05:24: Weise kann man dann leicht und endgültig den Anschluss verpassen.
00:05:28: Wir bleiben dabei, wir sollten vielleicht mal wirklich so eine kleine Bibel von Grundsätzen,
00:05:32: die hier auch immer wieder ja auftauchen, mal formulieren.
00:05:36: Hier ist es ganz klar, wenn man nicht offensichtlich einen Verdacht äußern und begründen kann,
00:05:43: dass man wirklich eine substanzielle Überbewertung und dann auch das gesamte Markt des Gesichtegegenübersiets,
00:05:49: dann sollte man diese Timingüberlegungen ganz hinten anstellen.
00:05:53: Das ist jetzt nicht der Fall, diese Überbewertung sehen wir jetzt nicht.
00:05:58: Klar, es ist immer nicht ganz einfach.
00:06:02: Die meisten sagen, in dem Bubble erkennt man erst danach, wenn es dann richtig runtergeht
00:06:05: und dann hat man die Geschichten dafür.
00:06:07: Ganz so ist es nun auch nicht, aber zurzeit halten wir die Märkte eben für fundamental
00:06:11: gut begründet und auch wieder ein Grundsatz, ein eiserner Grundsatz für den privaten
00:06:17: Haushalt ist eben wirklich die Disziplin und dann am Ende der Sparplan regelmäßig in
00:06:22: die Aktien zu gehen.
00:06:23: Es ist einfach der Weisheit wirklich letzter Schluss.
00:06:26: Schauen wir nochmal so ein bisschen, was da an Fakten vielleicht auch nachgeholfen haben
00:06:30: könnte.
00:06:31: Wir haben eine Branche rausgesucht, die für die ganze Entwicklung immer wichtig sind
00:06:35: als Zugpferde.
00:06:36: Fangen wir mal an beim Maschinenbau.
00:06:38: Ich finde immer, das klingt so nischig, also Maschinenbau, man kann sich manchmal so
00:06:42: gar nicht darunter vorstellen, was steckt eigentlich genau dahinter.
00:06:45: Das ist aber wirtschaftlich eigentlich eine total wichtige Branche für die deutsche Volkswirtschaft.
00:06:50: Ich habe nochmal ein paar Daten rausgesucht.
00:06:52: Über 1 Million Menschen arbeiten im Maschinenbau in Deutschland und die Branche generiert einen
00:06:57: Umsatz von über 200 Milliarden Euro im Jahr.
00:07:01: Und damit gilt die Branche, die Maschinenbauer, als Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
00:07:07: Hier reden wir ganz viel über mittelständische Unternehmen, aber eben auch so ein paar Konzerne
00:07:10: wie Siemens, Tüssenkrupp beispielsweise.
00:07:13: Und erstaunlich dabei ist, diese Branche hängt zu ganz großen Teilen am Export.
00:07:19: 75 Prozent der Waren aus dem Maschinenbau gehen in den Export und damit sind die natürlich
00:07:25: auch gerade ganz stark gebeutelt gewesen durch die geopolitischen Konflikte und natürlich
00:07:30: auch beeinflusst durch die jetzt hohen Zinsen.
00:07:33: Und der Vorsitzende des Verbands, deutscher Maschinen- und Anlagenbauer, der hat jetzt
00:07:38: gesagt, dass man die Talsohle so langsam durchschritten sehe.
00:07:42: Wie kritisch ist denn die Lage noch im deutschen Maschinenbau und wie wichtig sind die denn
00:07:46: überhaupt als Indikator jetzt, um zu sagen, ja, da tut sich was und langsam geht es wieder
00:07:51: bergauf?
00:07:52: Na ja, also nachdem die glorreiche Automobilindustrie in Deutschland jetzt so langsam aber sicher
00:07:58: immer mehr an Glanz verliert, da strahlt eben diese zweite Vorzeigebranche immer heller
00:08:05: und das ist der Maschinenbau in Deutschland.
00:08:07: Hier haben die deutschen Firmen extrem starke Stellungen in den Märkten dieser Welt.
00:08:12: Da kommen auch diese vielen, vielen Hidden Champions her, die in Deutschland ja dann
00:08:18: auch regional so sehr, sehr gleichmäßig verteilt wird.
00:08:21: Fast jede Sparkasse hat einen oder ein paar davon in ihrem Geschäftsgebiet.
00:08:25: Und ja, anders als der Automobilbau steht der Maschinenbau eben nicht im Zentrum der
00:08:32: gegenwärtigen, also im Auge des Orkans würde ich sagen, eher in Ruhestellung, weil er auch
00:08:38: nicht im Zentrum der gegenwärtigen chinesischen Strategie ist.
00:08:44: Und das sind Dinge, die ja neben der Konjunktur unsere Branchen sehr stark beeinflussen und
00:08:54: auch beeinträchtigen.
00:08:55: Wie sieht die Strategie dieses neuen Konkurrenten Chinas für die nächsten Jahre aus?
00:09:05: Konjunkturell ist es für Maschinenbau genauso wie für die anderen Branchen, da geht es
00:09:09: auch jetzt wieder nach oben und das hat mit den Zinsen zu tun.
00:09:11: Maschinenbau ist klar, sind Investitionsgüter, das heißt, also die werden auf der Welt von
00:09:17: Firmen gekauft und nicht von Endkunden.
00:09:19: Und von Firmen eben dann, wenn die ihren Maschinenpark erneuern wollen, wenn sie erweitern
00:09:26: wollen und wenn sie also selber investieren und bei dem weltweiten Zinsanstieg, den wir
00:09:32: jetzt gehabt haben, ist das immer ein Dämpfer für die Investitionen weltweit.
00:09:35: Das ist überall auch so, selbst in Amerika sind die Investitionen jetzt nicht so kräftig
00:09:40: und das ist der Grund, warum eben auch der Maschinenbau heftig gelitten hatte in den
00:09:45: letzten Jahren, jetzt nach Corona, nach der Inflation, nach dem Zinsanstieg.
00:09:49: Aber das lässt langsam nach.
00:09:51: Es bleibt eben wirklich diese große Konkurrenz, neue Konkurrenz, insbesondere gegenüber China.
00:09:57: China hat offen ausgesprochen, bei der weiteren Entwicklung des eigenen Landes eher dem deutschen
00:10:06: Industriemodell jetzt hier nachzueifern.
00:10:09: Das heißt also Industrie aufzubauen, anstatt eben im Vergleich zum amerikanischen Modell,
00:10:15: wo ja Dienstleistungen eine viel größere Rolle spielen.
00:10:18: Dafür nehmen die chinesischen Wirtschaftspolitik, also der Staat, enorme Mittel in die Hand,
00:10:25: um die wiederum selbst zu investieren in eigene Kapazitäten.
00:10:28: Es werden riesige Überkapazitäten auch geschaffen, um eben durch günstige Produktionen, Größenvorteile
00:10:34: und dann eben auch Marktanteile weltweit zu bekommen.
00:10:37: Das ist gegenwärtig konzentriert, vor allem auf die Autoindustrie, die Elektromobilität,
00:10:45: mit dem Batterien hinten dran und als drittes die grünen Umwelttechnik.
00:10:51: Das sind die Punkte, die im Zentrum steht.
00:10:53: Der Maschinenbau allerdings nicht.
00:10:56: Hier haben die Deutschen einfach eine Stellung, die zurzeit auch noch wenig angegriffen wird.
00:11:01: Sie müssen natürlich Schritt halten, weil auch künstliche Intelligenz, auch in der
00:11:05: Industrie eben sehr viel Einsatzmöglichkeiten haben wird, also konkurrenzlos ist gar nichts
00:11:11: mehr auf dieser Welt, bei dem schnellen technologischen Wandel.
00:11:15: Aber der Maschinenbau ist ja in der Tat eine ganz, ganz wesentliche, wenn nicht sogar das
00:11:21: Rückgrat eben der deutschen Industrie überhaupt.
00:11:24: Der zweite Branche, die auch positive Signale geliefert hat, waren die Dienstleister.
00:11:30: Sie haben sie eben schon angesprochen im Kontext der USA.
00:11:33: Zumindest für den Euro-Raum haben sie sehr gute Daten geliefert und ich glaube auch in
00:11:37: Deutschland gab es eine Stimmungsaufhellung.
00:11:40: Und die Branche, die scheint ja auch immer wichtiger zu werden für die deutsche Volkswirtschaft
00:11:45: bei den Maschinenbauern, kann ich es mir ja noch ganz gut vorstellen, was steckt alles
00:11:48: dahinter bei den Dienstleistern.
00:11:50: Ganz ehrlich, das kann ja alles Mögliche sein und ich frag mich dann so, sind das so Reinigungskräfte,
00:11:55: Reinigungsfirmen, Gartenpfleger und Friseure oder was steckt noch dahinter und warum werden
00:12:00: die denn gerade so wichtig?
00:12:01: Ja, das ist schon in Deutschland auch etwas ganz Besonderes dieser Dienstleistungssektor.
00:12:06: Natürlich sind da auch die persönlichen Dienstleistungen und die sozialen Dienstleistungen, das haben
00:12:12: es gerade erwöhnt, das geht eben tatsächlich vom Friseur bis zu…
00:12:15: Altenpflege.
00:12:16: Pflege steckt natürlich in dem Dienstleistungssektor drin, aber in Deutschland gibt es einen anderen
00:12:22: nicht unerheblichen Bereich von Dienstleistungen, der wiederum ist eng verknüpft mit dem Industriesektor.
00:12:28: In dem also beispielsweise Maschinenbaum jetzt, Beratungsleistungen, Design, Planungsdienstleistungen,
00:12:37: rund um neue Anlagen beispielsweise bis hin zu Wartungsverträgen, Reparaturdienstleistungen,
00:12:43: das alles mitgeliefert wird und das hat sich zu einem sehr, sehr großen, zu einer eigenen
00:12:47: Dienstleistungssektor entwickelt.
00:12:50: Dienstleistungen aus der Industrie heraus, die sehr, sehr bedeutsam sind, aber die auch
00:12:55: im Jahr ist ganz schwierig.
00:12:58: Teilweise werden die im Dienstleistungssektor gebucht, dann auch für die volkswirtschaftlichen
00:13:02: Rechnungen, teilweise werden sie aber auch in Industrieunternehmen erstellt und gehören
00:13:09: damit direkt zum Industriesektor, also da ist die Statistik dann auch nicht ganz klar.
00:13:15: In Deutschland muss man sich sowieso dieses Unternehmen oder die Industrie als ein riesiges
00:13:23: Netzwerk vorstellen, was es so auch in anderen Ländern nicht gibt.
00:13:28: Da wird eben von der Grundstoffproduktion über Vorleistungsprodukte, dann werden
00:13:33: Vorleistungsprodukte aus dem Ausland zugeliefert, dann werden Endprodukte erstellt, exportiert,
00:13:38: aber auch in Deutschland verkauft und eben begleitende Dienstleistungen dazu.
00:13:42: Das ist so ein feines und aber riesiges Netzwerk geworden, was wirklich einzigartig ist.
00:13:49: Aber es sind eben auch die klassischen, habe ich gerade gesagt, die klassischen Dienstleistungen
00:13:54: enthalten und da gibt es einen eisernen Trend auch für alle Länder der Welt.
00:14:01: Langfristig geht der Trend in den Volkswirtschaften von der Güterproduktion Richtung dieser Dienstleistungen.
00:14:09: Wenn man sich das mal vor Augen führt, Deutschland hat man nach dem zweiten Weltkrieg gestartet
00:14:15: mit einer Güterproduktion, also Industrieanfekt.
00:14:17: Anteil in der Größenordnung von 40 Prozent am Brutto-Indernsprodukt. Durch die Jahrzehnte
00:14:24: sind insbesondere wegen der Rationalisierungen in den Fabriken es ist dann möglich geworden,
00:14:32: dass halt immer mehr Güter mit weniger Arbeitskräften erzeugt wurden. Dazu dass heute der überwiegende
00:14:42: Anteil der Arbeitskräfte in Deutschland im Dienstleistungssektor arbeitet und nicht mehr in der Industrie.
00:14:48: Die Industriesektor liegt jetzt auch von der Wertschöpfung her nur noch bei 20 Prozent.
00:14:52: Heißt nicht, dass wir weniger Maschinen und Güter bauen als vor 50 Jahren.
00:14:57: Wir bauen ziemlich viel mehr, aber andere Leistungen, Dienstleistungen haben sich noch schneller entwickelt.
00:15:05: Deswegen gibt es so einen ganz natürlichen Trend. Das ist aber in allen Volkswirtschaften,
00:15:09: so auch in China so, weg von der Anteil der Industrieproduktion hin zu einem größeren Dienstleistungsanteil.
00:15:17: Das sollte man jetzt allerdings auch nicht forcieren. Also jeder Industriearbeitsplatz ist schon wichtig,
00:15:25: denn es ist nun mal so, dass in Deutschland liegt es zahlenmäßig so, die Arbeitsstunde in der Industrie bringt 75 Euro Wertschöpfung.
00:15:37: Im Dienstleistungssektor eben nur 40 Euro. Darin liegt eben die große Qualität aus gesellschaftlicher Sicht für diese Industriearbeit.
00:15:46: Wo man hier sagt, dass Industriesektor ist gut und wichtig. Kann man darauf verzichten, wenn die Energie teurer wird.
00:15:53: Natürlich kann man darauf verzichten. Es geht nicht darum, dass die Leute in Deutschland arbeitslos werden,
00:15:57: selbst wenn die Industrie noch deutlicher zurückgefahren werden. Aber es sind doch sehr, sehr gewichtige Arbeitsplätze
00:16:02: und Hocheinkommensarbeitsplätze, die dann da verloren gehen würden, wenn sie nicht adäquat ersetzt würden.
00:16:09: Trotzdem haben wir ja gesehen, jetzt trotz dieser zwei Stimmungsaufhäller, die ich jetzt mal rausgegriffen habe,
00:16:15: Sie haben jetzt gerade nochmal gesagt, grundsätzlich hält sich das alles ein bisschen auf in Trippelschritten.
00:16:20: Wir haben aber gesehen, in Deutschland geht es trotzdem nicht so richtig voran.
00:16:23: Zwar hat man, glaube ich, die Prognose noch mal ein bisschen angepasst.
00:16:26: Ich glaube, wir sind jetzt wieder bei 0,3% Wachstum, die erwartet werden für das Jahr.
00:16:31: Aber trotzdem irgendwie geht es nicht so richtig vorwärts. Wir stecken immer noch in dieser Mini- oder Pseudo-Rezession drin,
00:16:37: so um und bei 0% Wachstum aktuell. Was sind denn die Bremsklötze in der Europäischen und in der deutschen Wirtschaft aktuell,
00:16:45: die uns hier so zurückhalten?
00:16:47: Na ja, es ist immer noch der Konjunkturzyklus. Die Nachfrage, auch jetzt gerade im diskutierten Industriesektor, geht erst langsam wieder los.
00:16:56: Bei den Aufträgen sieht man das noch gar nicht so sehr. Also, wie stark dieser Aufschrung wird, diese Auffällung, das müssen wir wirklich erst mal sehen.
00:17:03: Ja, und dann haben wir natürlich auf längere Sicht, auf die nächsten Jahre betrachtet,
00:17:10: da haben wir auch schon häufiger hier an der Stelle drüber gesprochen, eher geringe Wachstumsaussichten, das sind eben die Standortthemen in Deutschland.
00:17:19: Die deutsche Problematik, ja, wie gesagt, ist ja ein hausgemachtes Problem hier.
00:17:25: Andere Länder scheinen ja zurzeit da besser darzustellen. Also die Franzosen, die Tagine und Spanier machen uns ja gerade was vor beim Wachstum.
00:17:34: Aber da müssen wir ganz klar sagen, erstens haben die ein kleineren Industrieanteil.
00:17:38: Da ist es tatsächlich so, dass auch gerade aus dem Bereich Tourismus da wieder sehr schöne Wachstumsraten erzielt werden.
00:17:46: Aber immer mehr zeigt sich jetzt auch vor allem Dingen, dass eine Reihe von europäischen Ländern extrem begünstigt sind durch staatliche Ausgaben.
00:17:58: Wir haben massive fiskalische Impulse, wie wir dazu sagen, weil gerade das europäische Wiederaufbau-Programm "Next EU" ausgegeben wird.
00:18:10: Italien hat bereits schon 100 Milliarden Euro aus diesen Programmen geordert und ist dabei das umzusetzen.
00:18:19: Es gibt auch schon viele Diskussionen darüber, ob das vernünftig funktioniert.
00:18:23: Und angesichts dieser doch erheblichen Impulse, dass in mehrere Prozentpunkte vom Bruttoinlandsprodukt in diesen Ländern, insbesondere in Italien, ist eigentlich das Wachstumsergebnis schwach.
00:18:37: Italien wächst eigentlich kaum. Also insofern, wenn wir in Deutschland Start-up-Probleme haben, dann kann man das wahrscheinlich auf ganz Europa übertragen.
00:18:46: Ein Thema, das lässt uns seit Monaten eigentlich nicht los. Das sind die Zinsen. Ich frag mich auch langsam, ob uns das jemals wieder loslassen wird.
00:18:55: Denn sie sind jetzt nun mal wieder da. Man liest es ja überall. Der Zins ist zurück, heißt es da so schön.
00:19:01: Und mir hat sich jetzt so langsam erschlossen, dass dieses Zinswert, den wir lange gar nicht hatten, unglaublich wichtig ist für das Gesamtgefüge.
00:19:10: Und man das vielleicht gar nicht mehr so im Blick hatte, weil wir eben zehn Jahre einfach mehr oder weniger Nullzinsen hatten, Stillstand hatten und einfach da so wenig passiert ist.
00:19:19: Ich muss eigentlich mir ein bisschen froh, dass ich nicht anfange jetzt irgendwie von Zinssenkungen und Zinsanhebungen zu träumen. Also soweit ist es noch nicht, Herr Kater.
00:19:26: Aber wenn man mal sagt, Hand aufs Herz, was ist denn mit den USA?
00:19:31: Sonst haben die doch immer vorgelegt und waren immer die ersten, die die Zinsen gesenkt haben, damit da wieder was passiert und sind immer vorgeprescht.
00:19:37: Und wir sind eigentlich immer hinterher gelaufen und jetzt hört man aus den USA auf einmal Töne wie "Higher for Longer".
00:19:44: Also vielleicht lassen wir die Zinsen doch noch ein bisschen oben, auch wenn ja vielleicht langsam, was das Wachstum angeht, so ein bisschen runter kommen.
00:19:52: Dann sollten Sie sich nicht bei einer Zentralbank bewerben, denn da geht es nur darum, um den Leitzins, wenn man da von Alträume kriegt.
00:19:59: Da ist ja gut, dass wir nur mitmachen.
00:20:01: Ja, von Alträumen habe ich noch nicht geredet. Soweit sind wir vielleicht noch nicht.
00:20:04: Das ist auch wirklich für die Notenbanken zurzeit nicht lustig. Man muss sagen, die Unsicherheit ist wahnsinnig hoch zurzeit.
00:20:12: Ich meine, 2020, als die Inflation kam, da war allen klar, es muss nach oben gehen mit den Zinsen und zwar kräftig.
00:20:24: Das war ganz eindeutig. Heute ist das eben alles andere als klar, was man jetzt mit den Zinsen machen sollte, wenn wir in die USA gucken.
00:20:33: Die Konjunkturdynamik ist weiterhin hoch. Wir haben jetzt ein Wachstum, ein Wachsumsaussicht von 2,6 Prozent für dieses Jahr.
00:20:41: Da ist überhaupt die Frage, warum haben die historischen Zinssteigerungen seit Jahrzehnten stärksten Zinserhöhungen, die eigentlich als Universalschlüssel für den gesamten Konjunkturbetrieb gelten,
00:20:54: warum haben die in Amerika keinerlei Auswirkungen gehabt? Jetzt wird schon orakelt, dass Zinssteigerungen sogar Treibstoff für die Konjunktur, also genau umgekehrt, wie es eigentlich in den Lehrbüchern steht,
00:21:05: dass Zinssteigerungen die Konjunktur sogar unterstützen, weil dann die Zinseinkommende, Haushalte und auch bei den Unternehmen jetzt so stark angestiegen sind.
00:21:16: Das kann man sicherlich als ein Argument verwenden, aber ich halte das für wesentlich zu kurz gegriffen steigende Zinsen. Bremsen schon, man muss wahrscheinlich davon ausgehen, dass die US-Wirtschaft noch stärker gewachsen wäre ohne diese Zinsveränderungen.
00:21:31: So, es bleibt aber dabei. Die Inflationsrate in den USA ist zu hoch, erst recht die Kernrate. Deswegen kommen jetzt immer mehr vorsichtige Stimmen in der US-Geldpolitik.
00:21:41: Wir haben unsere Prognose auch rausgenommen. Wir erwarten jetzt nur noch zwei Senkungen in diesem Jahr ab September und wir diskutieren darüber, ob es vielleicht überhaupt gar nicht stattfindet.
00:21:49: Also wir werden über dieses Thema noch weiter sprechen. In Europa ist es ein bisschen eindeutiger. Der erste Zinsschritt ist gesetzt im Juni, das heißt er ist zu eindeutig angekündigt.
00:22:01: Die Konjunktur ist auch ein bisschen schwächer als in den USA und die Inflation liegt ein bisschen mehr am Ziel dran, aber auch hier ist die Kernrate zu hoch.
00:22:10: Das Lohnwachstum ist auf Dauer zu hoch. Also kurzfristig, okay, langfristig muss man mal gucken, wie das mit der Preisstabilität hier nur wirklich ist.
00:22:20: Also Fazit für beide Notenbanken, der Inflationsrückgang auf der berühmten letzten Meile, das ist so, der ist zäh. Und wir haben eigentlich entgegen der Erwartungen eben keinen Zinszyklus.
00:22:35: Das heißt also, es ist nicht die schöne Bewegung erst nach oben und dann genauso stark nach unten. Davon müssen wir uns langsam verabschieden.
00:22:42: Die Märkte müssen mit dem gegenwärtigen Zinsniveau noch eine Weile lang leben bis weiter ins nächste Jahr rein. Und die Aktienmärkte können das schon.
00:22:52: Das Augenmerk geht jetzt von den Marktteilen, die man mindestens ebenso stark wie es auf den Zinsen klebt, eben jetzt aber auch auf die Konjunktur über.
00:23:02: Ja, dass die EZB jetzt im Juni so langsam die Zinsen senken wird, das scheint sich ja mittlerweile irgendwie gesichert der Erkenntnis zu sein, wenn man da die unterschiedlichen Berichterstattung liest, in der Zeitung auf Webseiten oder auch die Analysten der Banken hört.
00:23:17: Welche Branche würde denn besonders von diesen Zinssenkungen, wenn sie denn auch relativ schnell hintereinander kämen, sie sagen immer, na, das wird sich schon ein bisschen hinziehen.
00:23:27: Welche Branchen würden denn besonders profitieren? Also so Branchen wie Maschinenbau ja scheinbar schon, ist ja auch eine zinssensitive Branche.
00:23:33: Mir fällt da vor allem die Bauwirtschaft ein, die ja auch so hört man am Boden liegt oder zumindest mit vielen Problemen zu kämpfen hat und damit ja auch irgendwo die Immobilienwirtschaft.
00:23:44: Ist das so oder verkenne ich vielleicht den Einfluss von Zinsen auf ganz andere Branchen?
00:23:48: Naja, es gibt ganz ganz viel, es gibt hunderte Ansatzpunkte, wie die Zinsen eigentlich in jedem Wirtschaftsvorgang, in jeder Entscheidung mit eingreifen.
00:23:58: Aber wenn man was rausgreifen will, dann haben sie schon die richtige Richtung eingeschlagen, natürlich ist es der Baubereich, der auf der anderen Seite auch darunter leiden wird, dass die Zinsen eben noch weiter hoch bleiben.
00:24:10: Hier geht es ja nicht nur darum, wie viel wird gebaut, sondern auch wie viel sind bautenwert, ja, nicht nur die gerade entstehenden, sondern auch die die schon da sind.
00:24:20: Und das ist ja noch eine Sache, die auch noch sich zeigen muss, wie weit eben die Neubewertung an den Immobilienmärkten eben schon vorbei sind, sie sind noch nicht vorbei.
00:24:33: Insofern haben wir da noch einen Punkt, auch einen ganz gewichtigen Ansatzpunkt für Zinsen in der Wirtschaft, ohne dass wir Gott sei Dank jetzt hier auf irgendwelche katastrophalen Entwicklungen schauen müssen.
00:24:48: Dafür ist diese Entwicklung der Hohenzinsen schon zu lange unterwegs.
00:24:52: Und auch der Bauwirtschaft, auch der Immobilienwirtschaft, insbesondere ist es eben möglich, sich langsam anzupassen an diese ausreichend Zeit, das Ganze zu verarbeiten.
00:25:04: Die Maschinen natürlich über die Investitionsnachfrage, die wird sich weltweit verbessern und das wird schon auch für einen Aufschwung in Deutschland sorgen.
00:25:16: Und für uns kommen aus Aktien sich dann auch wieder eine Gruppe von Unternehmen ins Blickfeld, die eben jetzt auch noch nicht so besonders profitiert haben, auch von den Aufschwungsperspektiven, auch von der Aktienmarktentwicklung.
00:25:31: Das sind eben die der zweiten Reihe, die Unternehmen der zweiten Reihe, die kleineren Unternehmen, auch die langweiligen Unternehmen aus dem Industriebereich.
00:25:40: Die sind kursmäßig noch wenig von dieser tollen Entwicklung im DAX beglückt worden.
00:25:46: Und wenn sich die Konjunkturentwicklung verbreitet, dann haben wir hier eben auch eine Verbreiterung bei der Aktienmarktentwicklung.
00:25:55: Denn die Gewinne auch aus den kleinen Unternehmen sind durchaus mit den starken Gewinns zu wechseln bei den großen Unternehmen vergleichbar.
00:26:03: Und deswegen sind eben die Kurse von SDAX und MDAX eben noch nicht so stark angestiegen wie im DAX selber.
00:26:10: Und das ist dann die natürliche Erwartung, die wir haben, wenn dieser Aufschwung Fuß fasst, wenn er in der Breite gewinnt.
00:26:18: Was wir hoffen nach wie vor, ins Jahr 2025 und das Deck rund, warum wir eben auch bei den Aktienmärkten, trotz dieser vielen Themen, die wir diskutieren, auch von der Konsolidierung, die wir jetzt am Markt sehen,
00:26:30: warum wir beim Aktienmarkt immer noch sehr, sehr zuversichtlich in die Zukunft gucken.
00:26:36: Ja, und über das Thema MDAX hatte ich ja mit ihrem Kollegen Joachim Schallmeier schon gesprochen vor einiger Zeit.
00:26:42: Wer es noch nicht gehört hat, kann da ja gerne nochmal reinhören.
00:26:45: Da sprechen wir nämlich auch ganz viel über die zweite Reihe, über die kleineren Unternehmen, die vielleicht nicht ganz so im Fokus schälen,
00:26:51: aber die meisten Unternehmen im MDAX, die sind einem irgendwie schon bekannt, glaube ich.
00:26:56: Also es sind durchaus auch große Unternehmen und da sind auch solche Hidden Champions.
00:27:00: Sie haben sie vorhin ja schon mal benannt dabei.
00:27:03: Also Firmen, die Weltmarktführer sind, aber ganz klein sind, die vielleicht in der Region, wo man selber wohnt, tätig sind, die man schon immer kennt.
00:27:10: Und dann erfährt man irgendwie durch eine Berichterstattung auf einmal, oh, guck mal, das ist ja Weltmarktführer im Bereich X, Y.
00:27:17: Da gibt es ganz viele, also gerade die Hidden Champions finde ich auch immer wieder spannende Geschichten.
00:27:22: Ja, ich würde sagen, wir machen für heute Feierabend.
00:27:25: Wir haben ganz viele Themen gestreift und unser Lieblingsthema, Inflation und Zinsen, wird uns glaube ich wirklich nicht loslassen in nächster Zeit.
00:27:31: Und es wird glaube ich ganz spannend sein zu sehen, was passiert, wenn dann tatsächlich die erste Zinssenkung mal wieder kommt,
00:27:36: weil das ist ja auch was, was wir eigentlich lange nicht gesehen haben.
00:27:39: Wir hatten jetzt lange gar keine Zinsen und die echten Senkungen, die sind ja auch schon wieder einige Zeit her.
00:27:45: Also auch das wird glaube ich mal wieder spannend zu sehen, wie reagieren die Märkte, denn wenn es tatsächlich passiert, bisher ist ja alles nur Annahme gewesen.
00:27:52: Von daher glaube ich, lässt uns das Thema tatsächlich nicht los.
00:27:56: Ja, das war es dann von uns für heute.
00:27:58: Wenn Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, Fragen haben, dann schreiben Sie uns gerne an podcast@dk.de oder kommentieren Sie unter unseren Social Media Posts.
00:28:06: Da sehen wir das dann auch.
00:28:08: Und hinterlassen Sie gerne auch eine Bewertung auf iTunes. Dort können Sie ein paar Sterne vergeben oder auch mal einen Kommentar da lassen.
00:28:16: Das war es von uns für heute. Machen Sie es gut und bis bald. Tschüss!
00:28:20: Mikro trifft Makro ist ein Podcast der DekaBank. Weitere Informationen zur DekaBank finden Sie unter www.dk.de/deka-gruppe