00:00:00: Letzte Woche war es endlich soweit.
00:00:02: Der Frühling hat offiziell begonnen und prompt waren auch die ersten schönen Tage zu vermelden.
00:00:07: Ob das allerdings der Grund war, warum die Stimmungsindikatoren zum Geschäftsklima in
00:00:11: Deutschland gestiegen sind, darf bezweifelt werden.
00:00:14: Diese sind in allen Bereichen nämlich überraschend stark gestiegen.
00:00:18: Grund hierfür war wohl eher eine Zuversicht für das zweite Halbjahr 2024.
00:00:23: Weiterhin nicht gestiegen sind jedoch die Zinsen.
00:00:26: Die amerikanische Notenbank Fett zeigt sich hartnäckig bei möglichen Zinssteigerungen
00:00:30: und bleibt der Hochzinspolitik treu.
00:00:33: Die Aktienmärkte juckt das nicht und so schnell der DAX zu neuen Allzeithochs.
00:00:38: Woher kommt die deutsche Zuversicht?
00:00:41: Welche Rolle spielt die Fußball-EM in Deutschland dabei und warum interessiert sich der Aktienmarkt
00:00:46: eigentlich nicht für das, was bei den Zinsen passiert?
00:00:49: Wir sprechen drüber in dieser Folge.
00:00:52: "Mikro trifft Makro"
00:01:04: Herzlich willkommen zur 93. Folge "Mikro trifft Makro".
00:01:08: Heute ist Donnerstag der 28. März 2024.
00:01:13: Es ist übrigens grün Donnerstag und da ist man in Frankfurt, glaub ich, traditionell sogar
00:01:17: grüne Soße.
00:01:18: Heute aber nicht in grün, sondern klassisch in dunkelblau und weiß sitzt bei mir heute
00:01:23: der Chefvolkswehr der DK Bank Dr. Ulrich Carter.
00:01:26: Hallo und guten Morgen Herr Carter.
00:01:27: Hallo, für grüne Soße ist noch ein bisschen früh heute am Tag.
00:01:31: Ja, zwei, drei Stunden, dann können wir auch grüne Soße schon essen, glaub ich.
00:01:34: Bin mal gespannt, ob ich da heute in den Genuss komme.
00:01:37: Ja, fangen wir doch mal mit positiven Nachrichten an.
00:01:40: Die habe ich immer ganz gerne.
00:01:42: Es geht nämlich aufwärts und zwar nicht nur einfach, sondern mehrfach aufwärts.
00:01:45: Der DAX ist überhaupt nicht zu stoppen.
00:01:47: Es gibt einen Allzeit hoch nach dem anderen.
00:01:50: Gestern haben wir sogar 18.500 Punkte geknackt.
00:01:53: Eine Marke, die ich mir vor zwei, drei Monaten noch nicht mal hätte erträumen lassen.
00:01:57: Und dabei kommt aus der Wirtschaft gar nicht so viel Neues.
00:02:00: Hängt der DAX dann vielleicht doch an der auch sehr positiven Stimmung, die die deutschen
00:02:05: Nationalmannschaft dieser Tage ausstrahlt?
00:02:07: Ja, wenn es danach geht, dann sind wir ja schon wieder Export-Weltmeister.
00:02:12: Ich habe ja schon wieder als Favorit gehandelt.
00:02:15: Wir haben das mal versucht.
00:02:19: Wir haben mal versucht, die DAX-Entwicklung durch die Performance der Nationalmannschaft
00:02:27: zu erklären.
00:02:28: Aber wir sind zum Ergebnis gekommen, man muss die Daten also schon sehr foltern, damit
00:02:32: sie da eine Beziehung zu den Fußballländern spielen.
00:02:35: Gestehen, so einfach ist es nicht.
00:02:37: Aber wenn man eine Beziehung herstellen will, dann würde man sagen, die Überraschung ist
00:02:42: ja auch an der Börse da.
00:02:44: Die Märkte zeigen ja eine Stärke, die wir jetzt so offensichtlich in der Wirtschaft
00:02:49: nicht finden.
00:02:50: Wir haben gestern auch wieder die Diskussion gehabt, weil die Institute, die Wirtschaftspognose
00:02:54: für Deutschland vorgestellt haben, ging wieder nach unten.
00:02:56: Wobei man hier auch sagen muss, die Institute melden sich zweimal im Jahr mit ihren Prognosen.
00:03:01: Das ist halt deren Veröffentlichungsthönos.
00:03:03: Die Märkte gucken ja jeden Tag drauf.
00:03:06: Also Deutschland in diesem Jahr nicht wächst.
00:03:08: Das war an den Märkten schon ganz lange klar.
00:03:10: Und jetzt haben die Institute natürlich noch mal mit einer Pressekonferenz nachgelegt.
00:03:13: Ob es jetzt 0,2 oder 0,1 sind, ist jetzt nun auch egal am Ende oder für die Börse?
00:03:19: Ja, vollkommen egal.
00:03:20: Bei den Ergebnissen der Institute liegt es eher daran oder beziehungsweise eher die Funktion,
00:03:27: dass sie die öffentliche Debatte über Standort Deutschland wieder in Gang bringen oder weiter
00:03:32: in Gang halten.
00:03:33: Das ist nämlich ganz wichtig.
00:03:34: Wir an den Märkten kümmern uns natürlich eher in der Dimension darum, wie geht es der
00:03:39: Wirtschaft, wann geht es nach oben.
00:03:40: Wir haben beispielsweise im Gegensatz zu dem, was die Institute jetzt in den Vordergrund
00:03:45: gestellt haben.
00:03:46: Wir haben die ersten Anzeichen, dass wir ja tatsächlich langsam ein bisschen Licht am
00:03:49: Ende des Tunnels sehen.
00:03:50: Aber an der Stelle ist ja vielleicht wirklich mal ganz interessant, mal so die letzten Zeit,
00:03:56: die letzten Monate Revue passieren zu lassen, was so alles passiert ist.
00:04:00: Im Herbst letzten Jahres stiegen die Kurse an den Anleimärkten und auch an den Aktienmärkten
00:04:07: an.
00:04:08: Da hat man Zinssenkungen erwartet.
00:04:10: Dann hat sich so Ende des Jahres gezeigt, dass diese Zinssenkungen gar nicht kommen.
00:04:13: Und teilweise ist ja schon für den Januar erwartet worden, aber es kam ja nichts, weil die Inflation
00:04:19: noch nicht so weit war.
00:04:21: Aber diese Verschiebung der Zinssenkungen in den Erwartungen, also auf jetzt zweite
00:04:27: Jahreshälfte, hat dazu geführt, dass der einleihe Markt korrigiert hat.
00:04:31: Die Kurse sind da wieder runtergekommen, die Zinsen sind gestiegen.
00:04:34: Aber am Aktienmarkt hat man sich davon nicht stören lassen.
00:04:37: Man hat also gesagt, die Zinsen sind gar nicht so wichtig.
00:04:40: Jetzt ist eigentlich eher die Konjunktur, dass das Interessante.
00:04:43: Die Konjunktur läuft ja gut, insbesondere in den Vereinigten Staaten.
00:04:47: Die US-Wirtschaft läuft viel besser als erwartet.
00:04:51: Der Arbeitsmarkt ist gesund mit KI.
00:04:55: Haben wir eine neue Basistechnologie erfunden, das wird die Geschäftsmodelle grundlegend
00:04:59: ändern.
00:05:00: Und das mit der Konjunktur ist die Erklärung, die heute immer noch zieht.
00:05:04: Also das steckt tatsächlich hinter den steigenden Aktienkursen.
00:05:07: Da geht es weniger um Deutschland, sondern um die größte Volkswirtschaft der Welt,
00:05:11: Amerika, die auch den größten Kapitalmarkt hat, die eben ausstrahlt, auch auf den Rest
00:05:16: der Welt und auch in anderen Bereichen der Weltwirtschaft läuft es ja auch gut.
00:05:21: Wenn sich jetzt im Laufe des Jahres rausstellen sollte, dass das mit dem Wachstum in Amerika
00:05:25: oder auch in der Welt jetzt doch nicht so toll ist, wenn auch diese Geschichte enttäuschen
00:05:30: sollte oder sogar nach unten geht, dann haben wir ein Problem.
00:05:34: Dann hätten wir eine starke Reaktion, eine starke Korrektur an den Aktienmärkten.
00:05:39: Aber Frage ist, wie plausibel ist das?
00:05:41: Der eine und die anderen sagen, die Wirtschafts- und USA verlangsamt sich, weil die Corona-Gelder
00:05:46: den Leuten langsam ausgehen.
00:05:47: Das stimmt auch.
00:05:48: Die unteren Einkommensschichten in den USA, da wird es eng.
00:05:52: Aber wir glauben das nicht.
00:05:54: Wir glauben nicht, dass die Wirtschaft in Amerika sich verlangsamt.
00:05:57: Die Einkommen steigen in der Breite an.
00:06:01: Vor allen Dingen, was ganz, ganz erstaunlich ist, die Produktivität in Amerika steigt
00:06:07: deutlich an.
00:06:08: Genau das, was hier eben fehlt.
00:06:10: Amerika wendet neue Technologien an.
00:06:12: Die Leute sind alle in den letzten Jahren gewechselt am Arbeitsmarkt von Jobs, die weniger bezahlt
00:06:19: waren und nicht so produktiv waren, in höher bezahlter und höher produktive Jobs.
00:06:23: Und jetzt zum Schluss haben sie auch die monetären Konditionen verbessert.
00:06:27: Zwar haben die Notenbanken nicht gesenkt, aber die Kapitarmarktzen sind nach unten gegangen.
00:06:32: Die Aktienkurse sind nach oben gegangen.
00:06:33: Die Finanzierungsmöglichkeiten für die Unternehmen sind sehr gut, ohne dass die Fett was getan
00:06:38: hat.
00:06:39: Das ist Treibschaff genug, dass das in den USA weitergeht.
00:06:42: Insofern, man kann es verstehen, dass an den Märkten die Aktienmärkte nach oben gehen,
00:06:46: auch ohne Nationalmannschaft.
00:06:48: Trotzdem muss man sich natürlich fragen, wenn man das jetzt alles so hört, was die jetzt
00:06:53: auch aufgezählt haben, was da rein spielt, was da reingepreist wird im Endeffekt, was
00:06:57: in den Kursen schon enthalten ist, alles.
00:07:00: Ist es nicht alles ein bisschen zu viel schon Fantasie, die da vielleicht auch mit reingegangen
00:07:04: ist oder zu viel Zuversicht, die da mit reingegangen ist, die dann auch eigentlich Gefahr läuft,
00:07:10: dann auch wieder schnell enttäuscht zu werden und dann eben in entsprechende Abschwung kommt?
00:07:13: Also klar.
00:07:14: Wir haben jetzt ein ganz starkes Momentum.
00:07:17: Man kann sich das vorstellen wie eine Schaukel, die eben schwingt.
00:07:20: Und die macht eben dann, wenn sie mal weit ausgeholt hat, dann macht sie eben in der
00:07:28: vertikalen eben nicht Halt, sondern schwingt eben dann in die andere Seite auch und dann
00:07:32: eben auch zu weit.
00:07:34: Aktienmärkte funktionieren auch eher nach dem Wellenprinzip, dann kommt eine rohe Welle
00:07:37: und dann geht es erst mal wieder runter und dann steigt es dann danach wieder an.
00:07:43: Und wir haben jetzt ein Momentum, das ist einfach sehr stark.
00:07:45: Das kann jetzt auch noch durchaus so eine Weile lang weitergehen, bevor dann ganz naturgemäß
00:07:50: die Korrektur kommt.
00:07:51: Das ist ja auch absolut notwendig, dass es kommt.
00:07:54: Aber die Frage läuft ja eher darauf hinaus, wie sieht es in zwei Jahren aus?
00:07:58: Wo sind wir da?
00:07:59: Und da können wir uns recht gut Szenarien vorstellen, wo wir auch noch über den Ständen
00:08:08: von heute sind, deutlich über den Ständen.
00:08:11: Sollte es ab 2025, kommenden Jahr zu einem weltweiten Aufschwung kommen, also sollte
00:08:17: das Konjunkturgeschehen sich normalisieren nach Corona, nach Energiekrise, nach Kriegsausbrüchen
00:08:23: im letzten Jahr.
00:08:25: Dann geht da noch mehr an den Aktienmärkten und vor allen Dingen auch in der Breite, nicht
00:08:29: nur in den Technologiefirmen, sondern dann holen alle die in den Firmen auf, die jetzt noch
00:08:33: so in der zweiten Reihe stehen und wo noch nicht so viel passiert ist.
00:08:36: Und insbesondere für die US-Wirtschaft sehen wir eben gute Basis.
00:08:40: Ich habe die Produktivitätsteigerung erwähnt.
00:08:43: In Amerika kommt auch noch was dazu.
00:08:46: Es gibt eine steigende Anzahl von Beschäftigten und es gibt eine steigende Anzahl von Leuten,
00:08:51: die überhaupt im Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
00:08:53: Das ist ein grundlegender Unterschied zur Europa.
00:08:54: Hier nehmen die Anzahl der Menschen ab, die arbeiten wollen und können, weil sie irgendwann
00:09:00: auch zu alt sind in Amerika, insbesondere auch durch Immigration.
00:09:05: Deswegen ist die Frage, ob Donald Trump, wenn er es wirklich schaffen sollte, Immigration
00:09:11: zu begrenzen, ob er damit nicht der US-Wirtschaftenbährendienster weiß, weil er eben diese starke
00:09:17: Wirtschaftsentwicklung dann jetzt in den nächsten drei, vier Jahren damit dann killen würde.
00:09:22: Aber das sind alles Dinge, die man jetzt überhaupt nicht sehen kann.
00:09:26: Das sind eben Möglichkeiten, wie sich entwickeln können.
00:09:28: Fest steht, dass die amerikanische Arbeitsmarkt jeden Monat hunderttausend Arbeitsplätze dazu
00:09:33: baut, weil eben das Erwerbspersonenpotenzial steigt.
00:09:36: Und das sind halt grundlegende Unterschiede zu den Zuständen, wie wir sie hier in Deutschland
00:09:42: und in Europa haben.
00:09:43: Und das erklärt eben auch, warum die Story für die amerikanische Wirtschaft eben deutlich
00:09:48: besser ist und eben nicht auf tündernden Füßen steht.
00:09:54: Sicherlich, die Tech-Unternehmen sind dann schon wieder zu hoch bewertet.
00:09:56: Das ist immer so, wenn eine Basistechnologie kommt.
00:09:59: Aber auch von den KI-Unternehmen bleiben halt ein paar übrig, wie das beim Internet auch
00:10:04: war, die halt noch wesentlich höhere Kurse verdienen, als das jetzt schon der Fall ist.
00:10:10: Klar, wenn man den Spreudern vom Weizen getrennt hat, viele werden dann eben auch aufgeben
00:10:14: und dann wird es da auch zur Enttäuschung kommen.
00:10:17: Aber die Gesamt-Story sieht im Augenblick ganz gut aus.
00:10:22: Zumal es im Bereich KI ja auch so ist, dass es ja nicht nur die Firmen gibt, die die Infrastruktur
00:10:27: herstellen, also wie die im Moment sehr berühmte Nvidia zum Beispiel, die die ganzen Chips
00:10:32: zuliefert, sondern es gibt ja dann in der Folge Unternehmen und dann sind wir wieder bei
00:10:36: dem Produktionssteigerung oder Produktivitätssteigerung, die dann davon profitieren, also die sogenannten
00:10:40: KI-Profiteure, die dann die Technologie, die dann bereitgestellt wird, tatsächlich in
00:10:44: der Praxis anwenden.
00:10:45: Also nicht nur an den Chips verdienen, sondern quasi an der Technologie in der Anwendung,
00:10:51: in der Praxis dann eben profitieren, weil sie eben effizienter produzieren können, weil
00:10:55: sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in anderen Bereichen einsetzen können, weil der Bereich,
00:11:00: den sie vorher hatten, vielleicht jetzt durch KI ersetzt werden kann.
00:11:03: Das ist auch was, was in Europa passieren wird.
00:11:06: In Europa, seltsamerweise nur, weil man gezwungen sein wird, weil eben die Arbeitskräfte nicht
00:11:11: zur Verfügung stehen.
00:11:12: Nächsten 10, 15 Jahren wird so viel an Automatisierung passieren, und zwar eben nicht in den Fabriken,
00:11:17: sondern in den Büros, dass man es wirklich spüren wird, irgendwie nach 10 Jahren, wo
00:11:23: eben man sagte, die Büros sind ja sowas von automatisiert worden, wie man sich das vor
00:11:27: 10 Jahren hätte nicht hätte vorstellen können.
00:11:29: Das wird in Europa einfach erzwungen.
00:11:31: Ob die Unternehmen davon auch so profitieren wie in den USA, hängt schon so vor ein paar
00:11:36: Themen ab.
00:11:37: Also ob Europa attraktiv genug ist, dass sich eben Unternehmen hier auch ansiedeln, dass
00:11:41: beispielsweise die Produktivitätsgewinnendurch KI nicht wieder aufgewogen wird, darüber,
00:11:46: dass man die Bürokratie einfach nach oben schraubt und immer neue Regeln und Ausgünstpflichten
00:11:52: sich ausdenkt, dass die Leute, die da eingespart wird, dann gleich in den Verwaltungsabteilungen
00:11:57: neue Aufgaben kriegen.
00:11:59: Also das muss man sehen, aber das Potenzial ist da und das ist eine Entwicklung, die
00:12:05: wird durch KI passieren.
00:12:07: Ich glaube, das ist so eine Basisinnovation, wie eben das Internet auch.
00:12:11: Ja, dazu werde ich auf jeden Fall nochmal ein Gespräch führen zu diesem ganzen Bereich
00:12:15: Technologie mit Christoph Witzke, so mehr aus die Investment, die Investoren sich nochmal
00:12:20: zu sehen, weil ich glaube, das ist ein ganz spannender Bereich, da nochmal drauf zu
00:12:24: blicken.
00:12:25: Ganz spannend finde ich auch in dem Zusammenhang Börsenweißheiten.
00:12:28: Ich weiß, Sie lieben Börsenweißheiten, Herr Carter.
00:12:30: Deswegen habe ich mir gleich eine rausgesucht, die so ein bisschen dazu passt jetzt, nämlich
00:12:34: die Hosse nährt die Hosse oder auf Deutsch übersetzt.
00:12:37: Ich mag dieses Wort überhaupt nicht, weil ich immer Angst habe, ich spreche es eigentlich
00:12:40: falsch aus.
00:12:41: Deswegen sage ich lieber, der Aufschwung nährt den Aufschwung.
00:12:44: Wie viel ist denn dran an der Weißheit oder an dem Sprichwort?
00:12:47: Ja, das gehört zu den Aussprüchen, die wirklich einen Kern haben.
00:12:53: Das spielt eben darauf an, auf diese Wellenbewegungen, dass eben die Aufwärtsbewegung jetzt wahrscheinlich
00:13:03: etwas zu kräftig ist und dass sie dann wieder abgelöst wird von der Korrektur.
00:13:07: Das war in der Vergangenheit schon häufig so.
00:13:10: Heißt aber auch, dass man durchaus auch mit einer gewissen Zuversicht von ausgehen kann,
00:13:16: dass es erst mal weitergeht, weil das Momentum eben extrem stark ist, kann also noch eine
00:13:20: Weile anhalten.
00:13:21: Und dann darf man auch natürlich nicht die Risiken vergessen, die Risiken, die nicht
00:13:26: nur intern innerhalb der Mechanismen des Aktienmarkts liegen, sondern die halt eben auch von außen
00:13:31: kommen.
00:13:32: Also eine natürliche Korrektur aus dem Aktienmarkt, das wäre sogar gesund, aber es gibt eben
00:13:37: auch die Risikofaktoren.
00:13:38: Wir haben die Geopolitik nach wie vor schwebt über uns.
00:13:44: Das Thema Immobilienmärkte muss auch weiterhin beobachtet werden.
00:13:49: Wir haben durchaus auch ein Thema im US-Bankensystem.
00:13:52: Die Regionalbank haben Herausforderungen.
00:13:56: Es geht jetzt nicht um die unmittelbare Pleite, aber die haben Ertragsproblem.
00:13:59: Wir dürfen jetzt also uns nicht zurücklehnen und sagen, so was kann alles nicht mehr passieren,
00:14:04: sondern das muss man immer auf dem Schirm haben.
00:14:06: Korrektur und Täuschung kann es natürlich auch geben.
00:14:09: Das ist alles eine Fehleinschätzung.
00:14:10: Und die Abwärtskräfte dann doch größer sind.
00:14:14: Aber das ist der mahne Zustand an den Märkten.
00:14:17: Wir können die Zukunft nicht exakt vorhersehen.
00:14:21: Wir können Trends verlängern.
00:14:23: Wir können Trends erst mal überhaupt erkennen, die sich gerade jetzt zu dieser Sekunde abspielen.
00:14:29: Das ist ganz wichtig.
00:14:30: Die Daten, die wir bekommen, sind ja meistens 1, 2, 3 Monate alt.
00:14:33: Uns interessiert aber, was passiert jetzt in dieser Sekunde.
00:14:36: Und wie kann man das verlängern?
00:14:39: Das sind die Themen, die für den Markt am wichtigsten sind.
00:14:44: Aber eine exakte Vorausberechnung ist natürlich nicht möglich.
00:14:48: Und dennoch sind so Umfragen und Indikatoren für Sie, gerade in der Volkswirtschaft,
00:14:54: ja ganz, ganz wichtig.
00:14:55: Und ein Indikator, der sich jetzt ganz überraschend verbessert hat, gerade in Deutschland ganz
00:15:00: überraschend verbessert hat, ist das sogenannte Geschäftsklima.
00:15:02: Das wird vom IFO-Institut erhoben.
00:15:05: Und dieser IFO-Geschäftsklima-Index, der hat sich nicht nur ein bisschen erhöht, sondern
00:15:09: überraschenderweise ziemlich stark.
00:15:15: Um 2,1 Punkte ging es da hoch auf 87,8 Punkte.
00:15:16: So, jetzt klingt das immer, finde ich, erstmal so ein bisschen, kann man überhaupt nicht
00:15:18: so richtig einschätzen, was das eigentlich zu bedeuten hat.
00:15:21: Aber wenn man weiß, dass 100 quasi der Normalwert ist, also wenn es 100 ist, dann ist alles
00:15:26: so in Ordnung.
00:15:27: Man fühlt sich so einigermaßen wohl.
00:15:28: Es ist nicht übergut, aber auch nicht schlecht.
00:15:31: Also es ist alles gut.
00:15:32: Die wirtschaftliche Entwicklung läuft dann eben gut.
00:15:35: Alles was über 100 ist, ist dann entsprechend eine eher positive Stimmung.
00:15:38: Alles was da drunter ist, eine eher negative Stimmung.
00:15:40: Und wenn man mal so zurückschaut, ins Frühjahr 2020, wie erinnern uns, Corona kam auf oder
00:15:45: war im vollen Gange, da ist dieser Wert zum Beispiel auf 70 fast runter gestürzt, kann
00:15:50: man sagen.
00:15:51: Danach ging es auch ziemlich schnell wieder hoch.
00:15:53: Im Jahr 2018 lagen wir zum Beispiel leicht über der 100-mal.
00:15:57: Ich mag mich ertäuschen, aber mir kommt so ein bisschen vor, wenn ich mir so die vergangenen
00:16:01: Entwicklung von diesem Geschäftsklima angeschaut habe.
00:16:03: Also nach unten geht es immer ziemlich schnell.
00:16:05: Aber nach oben ist bei 105 meisten Schluss.
00:16:08: Also darüber geht es kaum.
00:16:10: Also man ist dann eher geneigt, nach unten mal richtig rein zu hauen, aber nach oben
00:16:15: so richtig ins Positive raus geht es irgendwie dann doch nicht.
00:16:18: Naja, die Beobachtung ist richtig.
00:16:21: Das liegt aber noch einer weiteren Eigenschaft des Indikators.
00:16:26: Evo ist auch indexiert auf dem Basisjahr.
00:16:28: Und wenn dieses, also es bedeutet, dass die heutige Zustand dann immer im Vergleich zu
00:16:36: diesem Basisjahr gesehen wird.
00:16:38: Und wenn das Basisjahr, das ist jetzt 2015, 2015, wenn das Basisjahr ein gutes Konjunkturjahr
00:16:44: war, dann geht es nach oben natürlich schwieriger, weil noch besser als schon in einem guten Basisjahr
00:16:50: ist dann schwieriger als eben nach unten.
00:16:52: Und dann gibt es eben diese Beobachtung.
00:16:58: Man sollte jetzt weniger die Werte an sich nehmen, die Niveaus, wie wir Ökonomen sagen,
00:17:03: sondern eben die Veränderung.
00:17:05: Wo geht es hin?
00:17:06: Und daraus dann schauen, wie hat sich die Stimmung verändert?
00:17:10: Schauen wir trotzdem nochmal drauf jetzt auf den aktuellen Wert.
00:17:13: 2,1 Punkte.
00:17:14: Ich habe gelesen, also das ist schon ein deutlicher Anstieg, der dazu vermelden war für Deutschland.
00:17:18: Aber der Wert an sich, 87,8 Punkte, der ist ja immer noch tendenziell eher negativ und
00:17:25: dennoch ist dieser Anstieg im wahrsten Sinne des Wortes bemerkenswert.
00:17:29: Warum ist das so?
00:17:30: Das ist eine sehr gute Frage.
00:17:33: Wir haben keine Ahnung.
00:17:35: Immerhin geben Sie es mal zu.
00:17:37: Ja, ich hatte auch kein Problem mit bei den Dingen, wo wir noch weniger sagen können,
00:17:45: auch beispielsweise an den Märkten, das auch deutlich zu machen.
00:17:49: Also für uns in der Diskussion auch dieser Zahl ist das Ergebnis also.
00:17:54: Ein EFO macht noch keinen Aufschwung.
00:17:57: Ein positiver EFO, das war der zweite, aber der erste war eben homopathisch.
00:18:02: Es gibt die Regel, dass dreimal in der folgenden Anstieg dann erst ernst zu nehmen ist.
00:18:07: Das ist so die goldene EFO-Regel, dreimal in folgenden Anstieg kann eine Trendwende,
00:18:13: das heißt jetzt von der Stagnationsentwicklung dann hin zum Aufwung bedeuten.
00:18:17: Auf der anderen Seite, wenn wir die Geschichte erzählen, dass wir glauben, dass im Herbst
00:18:25: und im nächsten Jahr sich die Konjunktur bessert, weil der Konsum zunimmt, dass sie
00:18:30: mehr jetzt schon in Einkommenssteigerungen und auch die Investitionen wieder zunehmen,
00:18:34: weil man sich eben ans Zinsniveau gewöhnt hat, dann muss auch der EFO-Geschäftsklimaindex
00:18:40: jetzt langsam etwas anzeigen, weil er eben der Wirtschaftsentwicklung halbis Jahr voraus läuft.
00:18:46: Das heißt also, es wird schon spannend, ob das weitergeht mit der Auffällung.
00:18:50: Wenn wir sagen, wir haben keine Ahnung, dann ist es ein bisschen paradox, weil die Vorsätze
00:18:58: sich ja aus zwei Fragen zusammen aus der Frage, wie geht es euch jetzt, aus der Frage, wie
00:19:02: glaubt ihr, geht es euch in den nächsten sechs Monaten?
00:19:05: Und diese Frage, wie geht es euch in den letzten sechs Monaten?
00:19:10: Die war auch eine letzten EFO-Umfrage weiterhin untertiefst.
00:19:13: Also da hat sich nichts getan, sondern es wurde die Lagebeurteilung.
00:19:16: Die wurde nach oben genommen und das können wir irgendwie nicht nachvollziehen, weil die
00:19:19: aktuellen Wirtschaftsdaten eben maus sind, die harten Daten, die wir kriegen und auch
00:19:24: dass wir es auch aus dem Unternehmen hören, aktuell hat sich nicht viel gebessert.
00:19:28: Also insofern wirft das Zahlenwerk von EFO das neue ein paar Fragen aus.
00:19:34: und wie so oft kann es eben nur die Zukunft zeigen. Aber nächstes Info wird sehr spannend,
00:19:41: welche dieser Trends bestätigt werden. Entweder wirklich die Erwartung, dass es nach oben geht
00:19:46: oder die Beobachtung, dass da so ein bisschen was nicht stimmt in den ganzen Zahlen. Ja,
00:19:51: es ist ja auch Frühling, vielleicht hängt da ja auch die Zuversicht so ein bisschen mit drin,
00:19:55: dass man sagt, okay, es geht jetzt bergauf, die Temperaturen gehen bergauf und es steht ja noch
00:20:00: ein Ereignis an, Herr Dr. Carter. Und vielleicht hat das ja auch tatsächlich Einfluss auf die positive
00:20:05: Stimmung in den Unternehmen, denn die Fußball heim EM der Männer steht an und da habe ich mich ja
00:20:11: auch gefragt, wie sehr spielt denn das vielleicht mit rein, vielleicht ein bisschen oder vielleicht
00:20:14: auch gar nicht. Also ich habe mir mal so überlegt, also zumindest Tourismus, Gastronomie, die
00:20:19: müssten ja eigentlich schon profitieren und nach aller Diskussion um die Farbe des Trikots für
00:20:25: Auswärtsspiele kann man ja auch sagen, na vielleicht profitiert da auch das ein oder andere
00:20:30: Unternehmen von entsprechenden Artikeln, die da verkauft werden, der Handel vielleicht ein
00:20:34: bisschen stärker, es kommen Konsumenten, die Trikots kaufen, die Fanartikel kaufen, merkt man
00:20:40: das überhaupt? Ich will die Stimmung im Vorfeld nicht gleich nach unten reden, aber das ist
00:20:45: zumindest gesamtwirtschaftlich kein Faktor, Großveranstaltung im Sport wirken sich nicht auf
00:20:52: Spip aus. Also in diesem Fall hat ja noch nicht mal Adidas was davon anscheinend. Ich weiß nicht,
00:20:56: kommt jetzt eigentlich der Spielball noch von Adidas oder wird er jetzt auch von Nike gestellt?
00:21:00: Das kann ich gar nicht genau sagen, aber der Ausrüsterwechsel auf jeden Fall ja.
00:21:03: Ja, aber selbst bei diesen Firmen ist ja diese Meldung des Sponsorenswechsels nicht
00:21:09: kurz entscheidend gewesen. Es gab zwar lustige Bewegungen, also Nike ist erstmal eingebrochen,
00:21:13: aber das hat jetzt nichts mit der deutschen Meldung zu tun, sondern Nike ist ja auch ein
00:21:18: Weltkonzern, die haben einfach Ergebnisse gemeldet, die nicht so toll waren und bei Adidas hat es ganz
00:21:24: kurz mal ein bisschen den Kurs bewegt, aber das war am nächsten Tag auch wieder vorbei.
00:21:28: Klar, die machen natürlich viel mehr Geld mit ihren ganzen Schuhen und sonst was, was sie
00:21:31: verkaufen. Das ist eher symbolisch und selbst also für diese Firmen hat diese doch eigentlich
00:21:39: ja wirklich die Thematik keine so wirtschaftlichen Auswirkungen, dass der Kurs verändert wird.
00:21:45: Und bei Volkswirtschaften ist es auch so, also die wirtschaftlichen Effekte von WM und Olympiade,
00:21:52: das wird jedes mal immer durchgekaut, wenn eine ist und das Ergebnis immer gleich ist nicht messbar.
00:21:58: Zumindest auf gesamtwirtschaftlicher Ebene. Auf regionaler Ebene ist das natürlich anders,
00:22:03: also wenn ein neues Stadium gebaut wird, dann merkt man das in der betreffenden Stadt natürlich.
00:22:07: Ja klar, und wenn das Spiel halt in Frankfurt stattfindet oder nicht in Frankfurt stattfindet,
00:22:11: wird die Gastronomie und der Tourismusverband das wahrscheinlich auch bemerken.
00:22:14: Das sind schon, für die Regionen sind das schon Dinge, wobei wir müssen sagen, wir bauen ja gar
00:22:19: keine Stadien. Wenn jetzt jede Stadt, wo Deutschland die Spiele sind, nochmal 40 Millionen in die Hand
00:22:24: nehmen, um die Stadien zu renovieren, dann sind das 400 Millionen insgesamt bei zehn Spielorten.
00:22:30: Dafür nimmt der Statistiker in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nicht mehr am Leistift in
00:22:35: die Hand. Also das ist nicht messbar auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene. Bei Ausbau von Straßeninfrastruktur,
00:22:42: da heißt es jetzt hier für die EM, das gibt es keine extra Mittel, es wird zwar was gemacht,
00:22:51: aber es wird also aus dem laufenden Haus, also keinen Impuls und insgesamt sind die Zahlen eben zu klein,
00:22:57: um im gesamten Bip eine Rolle zu spielen. Wir haben in Deutschland ein paar Hundert Städte,
00:23:01: aber nur zehn Spielorte. Man könnte vielleicht noch sagen, die Mannschaften und ihre Delegationen,
00:23:07: die sind jetzt irgendwo in ganz Deutschland dann auch untergebracht von Neuropin bis nach
00:23:13: Basinghausen, aber das freut dann auch eher die jeweiligen Hotels, wo sie sind, wird das Bip in
00:23:19: Deutschland aber auch nicht beeinflussen. Die UEFA hat glaube ich irgendwas von zweieinhalb
00:23:25: Milliarden an Einnahmen berichtet bzw. erwartet, erwartet so viel. Das wären jetzt 0,6 Prozent des
00:23:34: deutschen Bips, das ist schon ein bisschen fühlbare Größenordnung, aber leider sitzt die UEFA gar nicht
00:23:40: in Deutschland, das ist auch eine weltweite Veranstaltung. Insofern, wie gesagt, also die
00:23:44: Auswirkungen sind da nicht vorhanden. Ich glaube, dass es eher ein gesellschaftliches Thema ist. Das
00:23:49: kann natürlich wirklich wieder eine sehr schöne Stimmung geben, wenn die Mannschaft erfolgreiches,
00:23:55: gute Spiele macht, dann kann diese Missmutigkeit, die man so ein bisschen meint zu spüren,
00:24:06: vielleicht mal aufgeheitet werden. Ja, ich habe ja das Gefühl, dass das schon passiert ist. Also,
00:24:10: wenn man so vor ein paar Wochen gedacht hat, so "ah, heim, EM steht an, Fußball" und so weiter,
00:24:15: waren viele so, dass sie gesagt haben, na ja, komm, interessiert mich eigentlich gar nicht so.
00:24:18: Und jetzt waren zwei sehr positive Spiele mal, also gegen Frankreich und auch gegen die Niederlande
00:24:22: und da merkt man schon, dass die Leute jetzt doch, na ja, ich will nicht sagen euphorisiert sind,
00:24:27: soweit sind wir noch nicht, aber zumindest ist so ein kleines Flänzchen an Begeisterung da und
00:24:33: ich glaube, der ein oder die andere freut es jetzt doch drauf, dass hier in Deutschland mal wieder
00:24:37: so eine Fußballgroßveranstaltung ist. Ja, vielleicht kann sich die Wirtschaftspolitik ja dann
00:24:40: scheibe abschneiden, es muss gar nicht so viel sein, um die Stimmung zu verbessern. Oft ist es
00:24:45: eben auch wirklich Psychologie. Genau, schauen wir noch mal so ein bisschen auf den Euroraum, denn
00:24:49: da gab es auch ein paar Daten, nämlich auch so ein Index wieder, so eine Befragung, den Einkaufsmanager
00:24:54: Index und da hat sich was ganz Interessantes gezeigt, was so ein bisschen untypisch ist für die
00:24:59: letzten, ja, ich würde fast sagen, zehn Jahre oder so. Da gab es nämlich eine Spaltung im Euroraum,
00:25:04: und zwar in mehrfacher Hinsicht, nämlich einmal geografisch haben wir so ein Nord-Süd-Gefälle,
00:25:09: und zwar genau in die andere Richtung, wie man es eigentlich in den vergangenen Jahren gewöhnt
00:25:13: war. Da waren immer so die Südländer, Europas, die waren so die Sorgenkinder, die wirtschaftlich
00:25:19: nicht so gut gelaufen sind und die größeren Volkswirtschaften des Nordens, die haben eigentlich
00:25:23: den, sag ich mal europäischen Laden am Laufen gehalten. So, das hat sich jetzt umgekehrt. Also
00:25:29: jetzt sind es insbesondere die südlichen Länder, bei denen es gut läuft und Deutschland beispielsweise
00:25:34: und auch Frankreich sind so ein bisschen die Sorgenkinder und tragen das eben nicht mehr so mit.
00:25:37: Das heißt also, die ganzen nördlichen Länder schwächeln so ein bisschen und auch bei dem
00:25:42: Branchen gibt es ein bisschen was an Spaltung zu beobachten. Da ist der Dienstleistungssektor
00:25:47: sehr, sehr positiv, aber die Industriekonjunktur, der Industriesektor, der schwächelt eben
00:25:53: ein bisschen. Welche Beobachtungen haben Sie denn dazu gemacht und vor allem was sind denn die
00:25:57: Schlussfolgerungen, die man daraus ziehen kann jetzt? Also die unterschieden in Europa haben so
00:26:03: zwei Ursachen. Zum einen muss man im Hinterkopf behalten, dass eine ganze Reihe von unseren
00:26:11: europäischen Nachbarländern vom Staatshaushalt her deutlich mehr Geld ausgeben und deswegen
00:26:19: stärkere Impulse setzen in der Wirtschaft als wir das tun und das zeigt sich dann natürlich in
00:26:24: der Verschuldung. Da laufen tatsächlich Entwicklungen in Frankreich, in Italien, in Spanien, die uns
00:26:32: nochmal auf die Füße fallen werden, weil eben hier einfach auf Pump die Fiskalimpulse größer
00:26:40: gehalten werden als in Deutschland. Das ist ein Punkt, es gibt nicht die Erklärung, warum die
00:26:47: Südländer jetzt im Wachstum vor Deutschland stehen, es gibt mehrere davon, das ist ein Punkt
00:26:53: von mehreren. Ein anderer ist, dass die Länder mit geringerem Industrieanteil von der gegenwärtigen
00:27:01: konjunkturellen Spreche weniger betroffen sind als Deutschland mit einem Risienindustrieanteil,
00:27:05: weil eben die Industrieproduktion, das heißt die Produktion von Gütern zurzeit mehr getroffen
00:27:12: ist, negativ getroffen ist als die Dienstleistungsproduktion. Das hat damit zu tun, dass der
00:27:17: Welthandel bröckelt, ich will nicht sagen zusammenbrücht, das überhaupt nicht, aber der
00:27:21: Bröcke wächst nicht mehr und auch mit Verschiebungen in dem internationalen Wettbewerbsarchitektur. Wir
00:27:29: haben das Thema, was viele Firmen in Deutschland auch mehr spüren, dass in dem Industriesektor,
00:27:35: gerade in China, extreme Überkapazitäten aufgebaut worden sind, China kommt mit der
00:27:43: Entwicklung des eigenen internen Wirtschaftsmodells nicht voran, das heißt also die Nachfragestärkung
00:27:48: in China, die notwendig wäre, um die Wirtschaft weiterzuentwickeln, findet nicht statt. Man hält
00:27:57: fest an der alten Wirtschaftsweise, dass man eben die Industrieproduktion in der Welt verkaufen
00:28:02: will, hat auf diesem Wege riesige Fabrikkapazitäten geschaffen, die jetzt nicht ausgelastet sind
00:28:08: und ist dann bereit eine Strategie zu fahren, wo man eben auch unabhängig von den Verkaufspreisen
00:28:18: eben die Märkte erobern möchte. Und das sind alles Dinge, die den deutschen Firmen sehr
00:28:22: zusetzen und setzt natürlich einem Land mehr zu, wo der Industrieanteil größer ist und
00:28:27: da ist es halt in Deutschland eben deutlich größer als in anderen europäischen Ländern.
00:28:30: Das sind die Fragen nach den Schlussfolgerungen, das sind Dinge, die nicht morgen vorbei sind,
00:28:36: sondern der Industriesektor steht in Deutschland ganz stark unter Herausforderungen. Das ist einmal
00:28:44: diese Entwicklung, dass der Welthandel eben nicht mehr so günstig ist für Deutschland,
00:28:48: wie es in den letzten 50 Jahren der Fall gewesen ist. Und das sind auch die technologischen
00:28:53: Veränderungen. Das heißt also, dass Dinge, die wir bisher so gemacht haben, heute anders
00:29:00: gemacht werden, gestern mit dem Verbrennermotor zu fahren, heute eben eine neue Technik bei
00:29:05: der Mobilität. Und das sind dann immer so Säuberungsstellen, wo die alten Firmen nicht
00:29:12: unbedingt nachziehen mit den neuen Firmen, die sich eben gründen bei neuen Technologien.
00:29:17: Wir sehen das mit Tesla, wir sehen es auch in China und wir sehen eben gerade in der
00:29:21: Automobilsektor, wie schwer sich die alten Platzhörsche eben da tun. Und das ist nur
00:29:27: ein Beispiel für Strukturwandel und neue Technologien in allen Bereichen der Wirtschaft. Und das
00:29:33: sind die Herausforderungen für den deutschen Industriesektor. Was ist die Schlussfolgerung
00:29:38: daraus? Es wird sich viel verändern, was produziert wird, wie produziert wird in den nächsten
00:29:43: 10, 20 Jahren. Das ist nichts Schlimmes. Das ist eigentlich in den letzten Jahrzehnten
00:29:48: Technologischer Fortschritt halt. Immer so gewesen. Und es ist auch nichts Schlimmes,
00:29:52: weil die deutschen Unternehmen immer gezeigt haben, dass sie gut mitziehen können, dass
00:29:55: sie gute Anpassung ihrer Geschäftsmodelle hinkriegen. Also insofern eigentlich nichts
00:30:01: Problematisches, außer dass man bereit sein muss, diesen Wandel mitzugehen, dass man
00:30:05: sagen muss, okay, die Qualifikation, die aufgebaut worden ist, vielleicht bei mir oder auch bei
00:30:10: anderen in den letzten Jahren, funktioniert nicht, umschulen, neue Dinge lernen, Dinge
00:30:16: anders machen als beim letzten Mal. Das ist das eine, dass wir eben, obwohl wir das eigentlich
00:30:23: von unseren Psychologien gar nicht möchten, wir wollen ja tendenziell lieber dabei bleiben,
00:30:27: was wir bisher gemacht haben, eben diesen Wandel mitgehen. Und zum zweiten, dass er eben
00:30:32: nicht anderweitig behindert wird. Und da hat man ja eher den Eindruck, dass gerade eben
00:30:36: bei den vielen Regeln, die wir eingeführt haben in Deutschland, bei den Behinderungen
00:30:42: auch durch Bürokratie eben, das ist uns schwerer Feld, heute uns zu verändern. Ich glaube,
00:30:48: das fängt erstmal mit dem Bewusstsein an, dass wir flexibler werden müssen. Firmengründungen
00:30:53: zum Beispiel sind teilweise viel effektiver, als wenn eine bestehende Firma sich umstellen
00:30:58: möchte. Das heißt, also auch die Förderung von neuen Firmen von Startups beispielsweise
00:31:03: in so einer Phase ist ganz wichtig. Ich glaube, es hat auch wieder viel mit Psychologie zu tun
00:31:08: und mit dem Bewusstsein, dass das Dinge sich ändern, dass das nicht schlimm ist, dass
00:31:12: es neue Chancen und Aufgaben gibt und dass man die Dinge auch mit Selbstvertrauen angehen
00:31:18: kann. Aber wir sind nach zwei Jahrzehnten, jetzt zweieinhalb Jahrzehnten eigentlich,
00:31:24: wo wir sehr erfolgreich waren in Deutschland mit einem Modell, was einfach funktionierte,
00:31:30: wo man auch nichts verändern musste, haben wir es vielleicht ein bisschen verlernt.
00:31:34: Das ist auch wieder Phasen gibt, wo man trainieren muss, wo man sich anstrengen muss. Dieser
00:31:41: Bewusstseinsprozess, der ist glaube ich noch nicht so ganz vorhanden.
00:31:45: Machen wir noch mal einen ganz harten Schwenk jetzt in Richtung Zinsen, weil die spielen
00:31:50: ja auch immer ein bisschen rein der Zeit. Da gab es tatsächlich jetzt ja die erste Zinssenkung.
00:31:56: Allerdings nicht bei EZB oder Federal Reserve, sondern in der Schweiz wurden das erste Mal
00:32:02: Zinsen gesenkt. Das wird so ein bisschen schon als Startschuss genommen für die Zinssenkung,
00:32:06: die auch bei den großen Notenbanken anstehen. Da gucken jetzt natürlich alle drauf, wie
00:32:11: geht es da weiter? Man könnte auch sagen, wer zuckt zuerst? Also EZB oder FET? Wer wird
00:32:16: denn zuerst die Zinsen senken und vor allem wann geht es los?
00:32:19: Ja, die Schweiz hat angefangen als erste größere Notenbank. Es bleibt dabei, was wir auch an
00:32:26: dieser Stelle häufig schon angesprochen haben, die Finanzwelt und auch wir rechnen mit Juni,
00:32:32: sowohl bei der EZB als auch bei der FET. Die Leitzinsen werden nach unten gehen.
00:32:38: Aber für uns ist auch klar, dieser geldpolitische Treibstoff für den Märkte, der fällt dünner
00:32:43: aus, als es immer noch erwartet wird. Also wir glauben, dass die Zinsen langsamer sinken,
00:32:49: weil es eben mit der Inflation dann doch sehr, sehr herzlich ist. Das hakt dann doch ein bisschen
00:32:56: bei den Dienstleistungspreisen in der Kernrate und so weiter. Und deswegen, die FET ist eher
00:33:02: daran, die Zinsen gleich zu lassen, also gar nicht zu senken, als dass sie jetzt gleich
00:33:09: wieder auf Null geht. Also wenn sich was von diesen Erwartungen nicht bewahrten soll, dann
00:33:15: eher in die Richtung, dass das noch weniger gemacht wird. Was ein vernünftiger Kurs ist,
00:33:20: ist, dass man jetzt ganz vorsichtig die Zinsenken senkt und guckt, was passiert. Weil das, was
00:33:23: man als Notenbank unbedingt vermeiden soll, ist ein Zickerkurs. Das heißt, man senkt jetzt
00:33:27: schön erst mal nach unten, zwei, drei Schritte und stellt fest, die Inflation geht wieder
00:33:31: nach oben und dann muss man die Zinsen wieder anheben. Das ist so viel Unruhe am Markt
00:33:35: und auch ein Reputationsverdust für die Fähigkeit der Notenbanken zu beurteilen, was gerade passiert.
00:33:40: Deswegen, das wollen die Notenbanken vermeiden und deswegen werden die wahrscheinlich eher ein
00:33:45: bisschen auch vorsichtig setzen. Und bevor wir jetzt den Sack zumachen, noch mal ein ganz kurzer
00:33:49: Exkurs nach Japan, denn da ist was ganz bemerkenswertes passiert. Da geht es genau andersrum eigentlich.
00:33:56: Da gab es tatsächlich die erste Zinserhöhung. Ich glaube, seit, wenn ich es richtig gesehen
00:34:00: habe, 17 Jahren etwa wurden da zum ersten Mal die Zinsen erhöht. Da ist ja lange gar nichts
00:34:07: passiert, also beziehungsweise es war seit den 90er Jahren, 1990er Jahren am Boden alles.
00:34:13: Und da hat man ja vor allem gegen die Deflation gekämpft. Das ist ja was, was sie wahrscheinlich
00:34:18: als Volkswirt noch viel schlimmer finden als Inflation. Ja, obwohl die Bewertung dieser
00:34:24: Phase in Japan auch noch aussteht, das sind jetzt fast 30 Jahre, wo die Preise gesunken
00:34:32: sind und das hat beispielsweise auch zur Folge, dass auch Löhne singen. Ja, damit auch weniger
00:34:38: konsumiert wird. Also das ist ja auch ein Teufelskreis. Ja, man muss dann immer versuchen, das
00:34:43: eben Preis zu bereinigen und selbst wenn weniger konsumiert wird, aber der Preis ein Deck schneller
00:34:48: singt, dann wird trotzdem mehr real konsumiert. Das ist eine verrückte Welt. Weil sie so
00:34:54: verrückt ist, ist sie den Ökonomen-Suspekt. Aber in der Tat jetzt steigen Preise und
00:34:59: auch Löhne, steigen jetzt wieder in Japan. Und für den Rest der Welt und auch für die
00:35:05: Fachleute ist es, denke ich, vor allen Dingen wichtig, rauszufinden, warum das passiert ist.
00:35:14: Das gab es wirklich auch noch nicht in der Finanzgeschichte, dass einem Land mit einer
00:35:19: Papierwährung tatsächlich in eine Phase von sinkenden Preisen, sinkender Preisniveaus
00:35:27: auf der ganzen Breite, dass ein Land da reingerutscht ist. War es ein Fehler in den 90er Jahren?
00:35:36: Da ist in Japan ein Riesenaktiemarkt und Immobilienplätze geplatzt. Hat die Notenbank nicht richtig
00:35:43: reagiert? War es Ihre Verantwortung, dass diese Episode passiert ist? Oder hat es strukturelle
00:35:50: Gründe? Japan ist ja auch demografisch sehr problematisch. Das wird sich jetzt zeigen,
00:35:56: wenn wir in den nächsten ein, zwei Jahren schauen, wie es mit der Inflation weitergeht
00:36:00: in Japan und auch außerhalb. Und das ist für die Notenbanken dann ganz wichtig, wie
00:36:05: es dann beim nächsten Schock, der die Wirtschaft trifft, wie man reagiert. Denn die Notenbanken
00:36:13: haben jetzt schon bei Corona und auch bei der Finanzkrise eben anders reagiert als die
00:36:17: japanischen Notenbank. Und ja, nicht umsonst ist uns vielleicht diese Deflationsphase hier
00:36:21: erspart geblieben. Aber das muss sich eben jetzt erst noch festigen. Deswegen ist es
00:36:27: aus Sicht der Wirtschaftsbeobachter sehr interessant, wie es in Japan weitergeht. Gibt
00:36:31: natürlich auch ein paar handfeste Dinge, die sich da auftun, wie das Finanzsystem steigende
00:36:35: Zinsen oder überhaupt wieder positive Zinsen verarbeitet. Das ist ein größeres Thema.
00:36:40: Ist auf jeden Fall ganz spannend, dass da auf der anderen Seite der Erdkugel, kann man ja
00:36:45: fast sagen, eben was passiert, was genau in die andere Richtung geht als das, was wir
00:36:49: jetzt vorhaben.
00:36:50: Wobei Japan die absolute Ausnahme ist, der Rest der Weltwirtschaft tickt eigentlich
00:36:55: schon ähnlich und da ging es eben in den letzten Jahren darum, die Inflation mit steigenden
00:37:00: Zinsen zu bekämpfen, ob das Schwellenländer waren, ob das die Amerikaner waren, ob das
00:37:06: die Europäer waren. Und Japan hat sich da ausgeklinkt wegen dieser wirklich besonderen
00:37:11: Entwicklung. Wer sich noch ausklingt aus dieser weltweiten Konjunktur und auch Zinszusammenhang
00:37:19: sind die Chinesen. Da liegt es aber im Gegensatz zu Japan daran, dass die, dass der chinesische
00:37:26: Finanzmarkt mit dem Weltfinanzmarkt nur ganz lose verbunden ist. Das heißt also die Einflüsse
00:37:32: von außen auf China sind über den Finanzmarkt sehr, sehr gering. Und deswegen gehen da auch
00:37:39: nur die eigenen Vorgänge vor in China.
00:37:44: Auf jeden Fall ganz spannend finde ich, da mal so drauf zu gucken, irgendwie scheint ja
00:37:48: Japan nicht nur geografisch eine Insel zu sein, sondern eben auch volkswirtschaftlich
00:37:51: irgendwie da eine ganz besondere Rolle einzunähen. Zumindest in den letzten Jahren.
00:37:55: Insellage ist auch ein Thema, weil dass die Außenverflechtung auch aus geografischen
00:38:01: Gründen etwas reduziert.
00:38:02: Bevor wir jetzt da auch noch hin abdriften, dann pfeif ich mal ab für heute. Weil wie
00:38:07: sagt man so schön, es wird so lange gespielt bis der Shiri abpfeift. Das bin ich in dem
00:38:10: Fall heute mal. Vielen Dank an Sie fürs Zuhören. Und wenn Sie auch Fragen haben rund um Wirtschaft,
00:38:17: Börse, Börsenpsychologie oder irgendwelche Besonderheiten, dann schreiben Sie uns gerne
00:38:21: eine E-Mail an podcast@dk.de oder kommentieren Sie unter den Videos oder den Social Media
00:38:27: Posten sehen wir das auch. Und wir freuen uns natürlich auch über Bewertungen auf iTunes
00:38:32: oder anderen Bewertungsplattformen. Lassen Sie da gerne ein paar Sterne da oder auch den
00:38:37: einen oder anderen freundlichen Kommentar. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen an dieser
00:38:41: Stelle ein paar frohe Ostertage, ein paar freie Tage vielleicht und wir hören uns dann in
00:38:47: 14 Tagen wieder. Mach es gut und bis bald. Tschüss.
00:38:51: Mikro trifft Makro ist ein Podcast der DK Bank. Weitere Informationen zur DK Bank finden
00:38:58: Sie unter www.dk.de/dk-mimus-gruppe
00:39:04: [Musik]
00:39:06: [MUSIK]